Annette Unscharf
Eine cyanotypische Belichtungsperformance
zu Ehren des Augenleidens der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff
Bei der Cyanotypie handelt es sich um ein lichtaktives vorfotografisches Verfahren, bei dem
Bilder von Folienausdrucken und Gegenständen sich über das Tageslicht auf Papieren abbilden
lassen.
Der Vorgang selbst hat etwas Magisches, wenn sich in der Sonne und später beim Auswaschen
vor Ort die Bilder wie langsam scharfstellende Blicke entwickeln.
Das künstlerische Forschungsvorhaben reflektiert die extreme Kurzsichtigkeit der
Dichterin Annette von Droste-Hülshoff 1797-1848 und deren konkreten Auswirkungen auf
die literarische Arbeit. Ihre Kurzsichtigkeit bedingt dabei eine dioptrinal verursachte
„Distanzlosigkeit“ zu allen von ihr beobachteten und bearbeiteten Dingen und Wesen — alle
optische Beobachtung erfordert dabei eine fast taktile Haptik, eine anzunehmende Nulldistanz
zum Objekt, die den normalen Schutzraum oder Sicherheitsabstand zwischen dem Ich und
der Welt, zwischen dem Sehenden und dem Gesichteten verschiebt.
Während der Performance wurden Daguerreotypien und Reproduktionen der Annette
von Droste-Hülshoff cyanotypischen Experimenten ausgesetzt und dabei Schärfen wie
Unschärfen der Gesichter, Gegenstände und Pflanzen in graduell eingeschränkter
Präzision zu Stoff und Papier gebracht.