Schwarzbrotmadonna
Ein Mundvoll Pumpernickel zerkaut Susanne von Bülow zu einer formbaren schwarzen Masse
und generiert damit Mund für Mund den Stoff, aus dem sie eine Figur zu formen beginnt.
In dieser Performance geht von Bülow den Schwarzbrotweg, der über Spucke und Speichel,
Pumpernickel und plastischen Operationen führt — einen Weg, an dessen Ende eine schwarze
Madonna stehen wird: Die Schwarzbrotmadonna.
Sie löst einen bildhauerischen Prozess in ihrer Mundhöhle aus – beginnt intim in sich selbst,
das Material zu bereiten und den plastischen Grund zu legen. Susanne von Bülow wählt den
maximalen Distanzverlust zu ihrer Kunst selbst und produziert dabei eine körperliche Nähe zu
dem entstehenden Objekt – die Künstlerin transformiert sich selbst zur materiellen Bedingung
und Ernährerin der entstehenden Plastik. Dabei reflektiert sie die Mutter als elementare
Ernährerin, als notwendige Ursache allen Seins —
als unumgängliche Basis für
alle Existenz selbst.
Ihre Performance transzendiert dabei zu einem streitbaren Ritual, sie wandelt das Brot, sie
nährt als Mutter die Mutter, die sie als Schwarzbrotmadonna und mithin als Mutter Gottes
benennt. Zwischen animalischer Faszination und Ekel, religiösem Zitat und gestischer Freiheit
gewinnt ihre zeichenhafte Handlung den Grad einer gekonnten konzeptuellen Präzision auf das
Wesentliche.
Frau kaut Brot und Brot baut Frau
Doch über den Zungenbrecher hinaus entsteht hier eine künstlerische Position, die
Zuneigung und Abneigung, Hingabe und Abwendung in einem Prozess vereint. Das Banale
wirkt heilig — das Heilige elementar, basal und animalisch.
Ruppe Koselleck