Schwarzbrotmadonna

Ein Video von Elisabeth Lumme und ein Text von Ruppe Koselleck zur aktuellen Schwarzbrotmadonnenperformance im Ruller Haus.

Schwarzbrotmadonna

„Ein Mundvoll Pumpernickel zerkaut Susanne von
Bülow zu einer
formbaren schwarzen Masse und generiert damit Mund für Mund den
Stoff, aus dem
sie eine Figur zu formen beginnt.

In dieser Performance geht von
Bülow den
Schwarzbrotweg, der über Spucke und Speichel, Pumpernickel und
plastischen Operationen
 führt – einen  Weg,  an
dessen Ende eine schwarze Madonna stehen wird: Die
Schwarzbrotmadonna.

Sie löst einen bildhauerischen Prozess in ihrer
Mundhöhle
aus – beginnt intim in sich selbst, das Material zu bereiten und
den
plastischen Grund zu legen. Susanne von Bülow wählt den maximalen
Distanzverlust zu ihrer Kunst selbst und produziert dabei eine
körperliche Nähe
zu dem entstehenden Objekt – die Künstlerin transformiert sich
selbst zur
materiellen Bedingung und Ernährerin der entstehenden Plastik.
Dabei
reflektiert sie die Mutter als elementare Ernährerin, als
notwendige Ursache
allen Seins –  als
unumgängliche Basis
für alle Existenz selbst.
Ihre Performance transzendiert dabei zu einem
streitbaren
Ritual, sie wandelt das Brot, sie nährt als Mutter die Mutter, die
sie als
Schwarzbrotmadonna und mithin als Mutter Gottes benennt. Zwischen
animalischer
Faszination und Ekel, religiösem Zitat und gestischer Freiheit
gewinnt ihre
zeichenhafte Handlung den Grad einer gekonnten konzeptuellen
Präzision auf das
Wesentliche selbst.

Frau kaut Brot und Brot baut Frau. 
 

Doch über den Zungenbrecher hinaus entsteht
hier eine
künstlerische Position, die Zuneigung und Abneigung, Hingabe und
Abwendung in
einem Prozess vereint.  Das
Banale wirkt
heilig – das Heilige elementar, basal und animalisch.“ 

Soweit zwei Statements zur aktuellen Arbeit. 
Und es schmeckt noch. Das Pumpernickel.

Eure Susanne von Bülow

Schwarzbrotmadonna


Frau kaut Brot und Brot baut Frau
Ich nähre als Mutter eine Mutter  und ziehe sie groß,
diese Mutter ist eine heilige Mutter – eine Madonna,  es wird eine schwarze Madonna.
Ich füttere sie mit Schwarzbrot, mit Pumpernickel. Ich kaue,
spucke aus und füttere die Figur auf.
Von der Hand in den Mund – in die Hand, auf die Figur.
Die Gesten sind elementar, menschlich, animalisch.

Schwarzbrotmadonna – hier beim Festival Loop-Pool im Ruller Haus  – Foto: Angela von Brill

Auf der anderen Seite des Animalischen steht das Heilige.
Schwarze Madonnen gelten als rituell herausgehobene Skulpturen und Bilder. Doch
gerade in ihrer Überhöhung verlassen sie die Kunst und  berühren  das elementar Menschliche.

Sie werden beweint,
sie trösten, mahnen, heilen – sie stehen für das ins Rituelle erweiterte
Mütterliche.

Babys werden groß weil
sie von Müttern zehren. Im Bauch und auch danach.
Diesen kreatürlichen Prozess
will ich auf einen künstlerischen Prozess übertragen.

Nachdem die erste Schwarzbrotmadonna in das PPMoma nach Berlin ging, war es an der Zeit eine große Madonna aus Pumpernickel zu realisieren und so kam es dazu, als im Ruller Haus das Projekt LOOP-POOL von Elisabeth Lumme iniziiert wurde.

Susanne von Bülow am 17. August 2013